Käthe Schirmacher (1865–1930)

Käthe Schirmacher, Nantes 1902

(Nl Sch 756/006)

Käthe Schirmacher wurde am 6. August 1865 in Danzig als Kind einer zunächst noch gut situierten, liberalen Kaufmannsfamilie geboren. Ab den 1890er Jahren engagierte sie sich im Danziger Verein ‚Frauenwohl‘ und kam dadurch mit dem radikalen Flügel der deutschen und internationalen Frauenbewegung in Kontakt. Die beiden Vereine ‚Verband fortschrittlicher Frauenvereine‘ sowie der ‚Weltbund für Frauenstimmrecht‘ wurden von ihr mitgegründet. Bereits als junge Frau begann sie zu reisen, so hielt sie sich 1893 anlässlich des internationalen Frauenkongresses in Chicago mehrere Monate in den USA auf. Sie studierte an der Sorbonne in Paris, wo sie die ‚Agrégation‘ erwarb (1885 bis 1887), und in den darauf folgenden Jahren in Zürich, wo sie 1895 als eine der ersten deutschen Frauen das Doktorat erhielt.
In den folgenden Jahren gehörte sie zur organisatorischen Führungsriege internationaler Frauenbewegungen und fungierte als mehrsprachige Dolmetscherin auf Frauenkongressen. Von Paris aus, wo sie ab 1895 lebte, ging sie auf ausgedehnte Vortragsreisen, war als Korrespondentin deutscher, österreichischer und französischer Zeitungen und Zeitschriften tätig und publizierte politische Schriften, Zeitungsartikel und Romane.

Ab etwa 1904 wandte sich Schirmacher zusehends einem ‚völkischen‘, antidemokratischen und antisemitischen politischen Kontext zu. Sie engagierte sich im ‚Deutschen Ostmarkenverein‘, der eine aggressive ‚Germanisierungspolitik‘ in den gemischtsprachigen Gebieten des Deutschen Reiches betrieb. 1910 verlegte sie ihren ständigen Wohnsitz zu ihrer Lebensgefährtin Klara Schleker nach Marlow in Mecklenburg.
Aufgrund zunehmender politischer Differenzen und anlässlich persönlicher Konflikte brach Schirmacher 1913 endgültig mit internationalen, bürgerlich-liberalen Frauenbewegungen, blieb ihrem Selbstverständnis nach allerdings Frauenrechtlerin. Während des Ersten Weltkriegs stellte sie sich in den Dienst der Kriegspropaganda, betreute deutsche Soldaten an der Front und setzte sich für einen Kriegsdienst von Frauen ein. Im Jahr 1918 gehörte sie zu den GründerInnen der ‚Deutschnationalen Volkspartei‘ und zog 1919 kurzfristig als deren Abgeordnete und Vertreterin Westpreußens in die Nationalversammlung ein.

In den 1920er Jahren hatte Schirmacher zusehends gesundheitliche Probleme, verfasste aber weiter Schriften zur Frauenfrage und zur ‚Ostmarkenpolitik‘; 1921 publizierte sie ihre Autobiographie „Flammen“. Sie starb am 18. November 1930 während eines Kuraufenthalts in Meran.

Mehrere Jahrzehnte lang hielt Käthe Schirmacher zu zahllosen KorrespondenzpartnerInnen aus den verschiedensten politischen und gesellschaftlichen Kontexten Briefkontakt. Neben einer Vielzahl an Dokumenten wie Manuskripte, Druckwerke, Zeitungsartikel, Notiz- und Tagebücher besteht der Nachlass Käthe Schirmachers aus einer Sammlung von etwa 14.000 Briefen.